01.01.2021

Spanien: Vorreiter für egalitäre Arbeitsteilung?
Rechtsanwältin Trojan kommt das gar nicht spanisch vor!

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In Sachen Gleichberechtigung bei Elternzeit und Elterngeld für beide Elternteile könnte das Beispiel Spaniens Schule machen. Denn ab dem 01.01.2021 steht dort den Vätern genauso viel Elternzeit (bei vollem Lohnausgleich) wie den Müttern zu. Mit der Besonderheit, dass diese Zeit NICHT auf die Mütter übertragbar ist.

Väter sollen so animiert werden, sich zu kümmern. Ist das der Durchbruch, den wir auch in Deutschland brauchen? Väter haben in Spanien jetzt Anspruch auf 16 Wochen Elternzeit, genauso lang wie Mütter. Die ersten sechs Wochen direkt nach der Geburt müssen Väter nehmen, die restlichen zehn Wochen können sie bis zum 1. Geburtstag des Kindes am Stück oder als einzelne Wochen nehmen.

In Deutschland gibt es zwar für beide Elternteile pro Kind ebenfalls genauso lange Anspruch auf Elternzeit, nämlich 3 Jahre lang. Davon werden allerdings mit dem Basiselterngeld lediglich 12 Monate lang finanziell ausgeglichen. Zusätzliche zwei sogenannte Partnermonate kommen hinzu, wenn sich die Elternteile die insgesamt 14 Monate untereinander aufteilen und derjenige, der kürzer Elternzeit und Elterngeld in Anspruch nimmt, mindestens zwei Monate „Auszeit vom Job“ bzw. „Zeit für das Kind“ nimmt. Diese zwei Partnermonate werden oft schon als „Vätermonate“ bezeichnet. Dies zeigt, wie die Aufteilung in vielen Fällen verläuft. (Zur Info: Derzeit nehmen mehr als 40% Väter Elternzeit, allerdings der größte Teil nur die zwei Monate.) In Deutschland ist es so, dass zwar die zwei Monate „verfallen“, wenn sie nicht genommen werden. Jedoch bleibt oftmals bei 12 Monaten für die Mütter. Wenn man – wie in Spanien – die 14 möglichen Elternzeitmonate, die auch staatliche finanziell unterstützt werden, paritätisch aufteilen würde und diese nicht übertragbar wären auf den anderen Elternteil, wären wir hier also bei jeweils sieben Monaten für jeden Elternteil bzw. im Fall eines Vaters, der keine Elternzeit und Elterngeld in Anspruch nimmt, verblieben für das Elternpaar bei einer staatlich finanzierten Elternzeit insgesamt nur sieben Monate. Möglicherweise würden sich dies einige, insbesondere Väter, überlegen. Allerdings wäre dafür vielleicht auch eine höhere staatliche oder aber auch Unterstützung vom Arbeitgeber erforderlich, wie dies in Spanien oder aber auch in Norwegen schon seit vielen Jahren erfolgreich funktioniert.

Norwegen scheint der neuen spanischen Regelung als Vorbild gedient zu haben. Hier wurde eine sogenannte Väterquote, das heißt vorgesehene Elternzeit-Zeiträume, die nicht auf Mütter übertragbar sind, schon 1993 eingeführt. Diese Quote wurde stetig angehoben und ebenso stieg langsam, aber stetig auch die Anzahl der Väter, die die längere Väterquote in Anspruch nahmen. (vgl. dazu: „Meine Zeit, deine Zeit, Elternzeit“, SZ, 18.01.2021, Karin Janker, Hannah Wilhelm)

Dementgegen wurde in Deutschland, wo das Elterngeld erst 2007 einführt wurde, vielen Vätern erst zu diesem Zeitpunkt klar, dass auch sie einen Anspruch auf Elternzeit haben. Die zuvor auch oft als „Mütterurlaub“, „Elternurlaub“ oder sonst wie schon im Umgangssprachgebrauch abgewertete Elternzeit, die es schon Jahrzehnte lang gab, war in Deutschland klar „Müttersache“.

Meine Erfahrung aus der Beratung sowie der Sicht der Elternpaare und der Arbeitgebenden zeigt: Ein Fortschritt in Richtung egalitärer Arbeitsteilung funktioniert durch Anreize und gesetzliche Vorgaben bzw. Ansprüche, auf die Arbeitnehmenden zurückgreifen können. Einen Anreiz setzt nun Spanien nach dem Vorbild Norwegens um: Väter können ihre staatlich finanzierten Elternzeiträume nicht auf Mütter übertragen. Dies wäre ebenfalls sinnvoll für Deutschland: Konkret könnten die bestehenden zwei Vätermonate auf sieben erhöht werden. Aber vielleicht wäre dies etwas zu einschneidend und krass. Denn seit der Einführung des Elterngeldes 2007 ist eine Erhöhung der Väterquote nicht erfolgt. Deshalb könnte eine schrittweise Anpassung der Väterquote angemessener sein. Andererseits hat Deutschland schon 13 Jahre eine Anpassung verschlafen.

Angestrebt werden sollte jedenfalls eine stetige, möglichst schnelle Angleichung der 14 Monate, so dass für jeden Elternteil jeweils sieben Monate ohne Übertragungsmöglichkeit besteht.

Weiterhin sollte versucht werden eine Aufstockung des Elterngeldes auf über 68 % des Netto – vielleicht 80-90%, ggf mit Zuschuss von den Arbeitgebenden – zu erreichen, um auch dem besser verdienenden Elternteil, den Anreiz aus finanziellen Gründen nicht madig zu machen. Es gibt tatsächlich Paare, die aufgrund ihrer laufenden Kosten ansonsten Schwierigkeiten haben, die Elternzeit und das Elterngeld egalitär aufzuteilen. Trotzdem sollte es wie bisher eine Obergrenze geben, über die dann nicht 80-90% des vorgeburtlichen Nettos ersetzt werden. Allerdings wäre es durchaus sinnvoll diese so festzulegen, dass diese nicht bei 1.800,- Euro liegt, sondern etwas höher, so dass das „Loch“ zwischen dem vorgeburtlichen Netto und dem Elterngeld nach Geburt (ggf. noch abzüglich weiter laufender privater Krankenkasse etc.) nicht riesenhaft auseinanderklafft. Zumindest sollte dies dann der Fall sein, falls es eines der verfolgten gesetzgeberischen Ziele ist, auch gut ausgebildete und ebenso verdienende Mütter in ihrer Familiengründungszeit zu unterstützen und egalitäre Strukturen zu fördern. Ebensowenig sollten aber gut oder besser verdienende Väter durch die niedrige Väterquote von nur zwei Monaten in Deutschland ausgeschlossen werden, da es sich die Familie nicht leisten kann auf – leider oftmals immer noch – den „Hauptverdiener“ zu verzichten.

Um eine egalitäre Arbeitsleistung zu erzielen und auch die Entwicklung unter den Arbeitgebenden sowie den Elternteilen voranzutreiben, wäre es sinnvoll, wenn beide Elternteile jeweils sieben Monate in Elternzeit gehen und in dieser Zeit, ein nicht auf den anderen übertragbares Elterngeld erhalten würden, welches tatsächlich annähernd dem vorgeburtlichen Netto entspräche.

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